Self-set Salaries: Warum wir auf ein innovatives Lohnmodell setzen

Bei Zeilenwerk wählen die Arbeitnehmer:innen ihren Lohn in einem gemeinsam definierten Prozess selbst. Dadurch soll unternehmerisches Denken der Mitarbeitenden gefördert und die Grundlage dafür gelegt werden, dass die gesamte Belegschaft Verantwortung für die Unternehmung übernehmen kann.

Self-set Salaries: Warum wir auf ein innovatives Lohnmodell setzen
Bild: Claudio Schwarz / Unsplash

«Wir arbeiten in einer selbstorganisierten Organisationsstruktur ohne Hierarchien – als typisches Dienstleistungsunternehmen, dessen Grossteil der Kosten Löhne sind war es nur logisch, dass wir da ansetzen müssen, wo Selbstverantwortung auch einen Impact hat: beim Lohnmodell», erklärt Raphael Reber, Co-Founder von Zeilenwerk. Ziel dabei ist, das unternehmerische Denken der Mitarbeitenden zu fördern und gemeinsam als Zeilenwerk die Verantwortung über den Geschäftsgang der Firma zu übernehmen.

Darüber hat auch kürzlich die «Neue Zürcher Zeitung» gross berichtet:

«Self-set salaries»: Das Lohnmodell der Zukunft?
In einer Berner Digitalagentur entscheiden alle gemeinsam, wer wie viel verdient. Sieht so das Lohnmodell der Zukunft aus?

Der Bruch mit einem immerwährenden Tabu

«Als junge und dynamische Unternehmung war es uns gerade in der Gründungsphase nicht so wichtig, wie viel wir verdienen. Mit zunehmendem Wachstum wurde es allerdings deutlich, dass wir ein marktfähiges Lohnmodell brauchen», reflektiert Reber.

Das zunächst etablierte Lohnmodell basierend auf Arbeitserfahrung und Ausbildung kam allerdings grad aufgrund der hohen Diversität im CV der Mitarbeitenden schnell an seine Grenzen und passte nicht wirklich zum Geist von Zeilenwerk.

Der Schritt hin zum Modell der Self-set Salaries war allerdings keineswegs ein einfacher und musste gut vorbereitet, recherchiert und intern lange diskutiert werden. Ein absoluter Plus-Faktor dabei war, dass bei Zeilenwerk seit Anbeginn komplette Lohntransparenz herrschte.

Dies allein ist bereits eine Seltenheit, wie eine Studie zur Lohntransparenz der Universität Luzern aus dem Jahr 2018 bestätigt. Die Forschenden stellten fest, dass Schweizer Unternehmen eher bereit sind, über prozedurale Lohntransparenz (wie Löhne zustande kommen, Lohnbänder, Grundlöhne, etc.) zu sprechen, denn über den tatsächlichen Lohn (distributive Lohntransparenz). Rund 22% der befragten Unternehmen entmutigen ihre Belegschaft sogar, informell über Löhne zu sprechen.

Der Lohn, so scheint es, ist nach wie vor ein Tabu. Das Modell der Self-set Salaries ein absoluter Tabubruch.

Mehr als eine New-Work-Initiative: der Kundennutzen steht im Zentrum

Als innovative Unternehmung beschäftigt sich Zeilenwerk seit ihrer Gründung mit neuen, modernen Arbeitsmodellen und -initiativen. Doch als Dienstleisterin im Bereich der Individualsoftwareentwicklung stehen nebst den Mitarbeitenden auch die Kunden im Fokus.

Wir sind überzeugt, dass der beste Kundenmehrwert durch motivierte und unternehmerisch denkende Mitarbeitende generiert wird: «Jede Herausforderung unserer Kunden ist anders, jedes Problem neu. Um die beste Lösung für unsere Kund:innen zu finden, setzen wir auf Teams aus Fachexpert:innen, welche auch nicht davor zurückschrecken, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen und für unsere Kunden die Extrameile zu gehen», so Reber.

«Meinen Lohn selbst zu bestimmen gibt mir das Gefühl, auch die Zukunft und die Richtung meiner Firma entscheidend mitzutragen.»

Diese Herangehensweise führt dazu, dass Kundenprojekte bei Zeilenwerk als Produkte behandelt werden. Ein Erfolgskonzept, welches schon manches Projekt erfolgreich(er) gemacht hat.

Wir schätzen die Freiheit und das Vertrauen, welche so innerhalb von Zeilenwerk entstehen. «Die Möglichkeit, meinen Lohn selbst zu bestimmen gibt mir das Gefühl, auch die Zukunft und die Richtung meiner Firma entscheidend mitzutragen», sagt Alessandra Pergola, UX-Designerin bei Zeilenwerk.

Self-set Salaries dank Transparenz und Peer-Review

Der Prozess funktioniert aktuell mittels einem Peer-Review-Modell. Alle Mitarbeiter:innen haben die Möglichkeit, die von ihren Kolleg:innen selbst gesetzten Löhne, auf einer publizierten Lohnliste zu bewerten. Dabei stehen fünf Bewertungskriterien zur Verfügung:

  • Zu hoch
  • Hoch aber in Ordnung
  • Gut
  • Zu tief aber in Ordnung
  • Zu tief

Wer das Feedback «zu hoch» oder «zu tief» erhalten hat, darf seinen Lohn nochmals anpassen. Die finale Lohnliste muss dann von der gesamten Unternehmung verabschiedet werden. Wobei jeder Mitarbeitende die Möglichkeit hat gegen die gesamte Liste ein Veto einzulegen.

Doch wie weiss denn jeder, wie viel mehr Lohn er oder sie sich setzen sollte? Da die komplette Lohnliste transparent ist, weiss auch jeder, was seine Kolleg:innen verdienen. «Dies dient natürlich als eine Art der Selbstregulierung – denn wenn ich weiss, was meine Kollegin, die genau gleich viel leistet wie ich, verdient, traue ich mich selten, massiv mehr zu verlangen, als sie», erläutert Reber den Prozess.

Zudem wird die laut Erfolgsrechnung zur Verfügung stehende Lohnsumme sowie die maximale prozentuale Lohnerhöhung über die gesamte Firma transparent kommuniziert.

Schweizweit quasi einzigartig, aber ist das Modell zukunftsfähig?

«Das wissen wir noch nicht», lacht Reber. Zeilenwerk betrachtet sich als «Living-Prototype». Das Modell der Self-set Salaries passt für die aktuelle Belegschaft und die aktuelle Unternehmensgrösse. Ob dies in zwei, drei oder fünf Jahren noch wahr sein wird, kann so nicht gesagt werden.

Der aktuelle Prozess ist auch nicht in Stein gemeisselt und keineswegs die alleingültige Antwort. «Ich kann mir gut vorstellen, dass unser Lohnprozess in zwei Jahren nochmals anders aussehen wird. Mit jeder Runde lernen wir Neues dazu und verbessern, bzw. verfeinern den Prozess in agiler Weise. Wie auch immer – den Weg dorthin werden wir als Firma gemeinsam gehen.»

Mit dem Modell der Self-set Salaries leistet Zeilenwerk Pionierarbeit im Bereich der Lohntransparenz, nur wenige Firmen in der Schweiz nutzen bereits ähnliche Modelle.