Wie wir die Digitalisierung inklusiver gestalten können

Die Digitalisierung schafft nicht nur Gewinner:innen. Mit der wachsenden Relevanz der Digitalisierung stellt sich immer mehr die Frage, wie wir diese noch inklusiver gestalten können.

Laptop mit angeschlossener Braillezeile.
Braillezeile, die Text in Blindenschrift ausgibt. Elizabeth Woolner / Unsplash

Wusstest du, dass in der Schweiz mehr als ein Fünftel (22%) der Schweizer Bevölkerung mit einer Behinderung lebt? Und dabei das Seh- und Hörvermögen besonders betroffen sind?

Hinzu kommt, dass heute der Besitz der eigenen IT-Ausrüstung oft vorausgesetzt wird. Sei dies etwa bei Schüler:innen in der Schule oder arbeitslosen Menschen auf der Suche nach einem Job.

Gleichzeitig wird digitalisiert was das Zeug hält, und auch für mich ist es selbstverständlich, dass jede:r einen Laptop mit funktionierender Software installiert hat und sich mit den Programmen auskennt.

Inklusion finanziell benachteiligter Menschen

Wie schaffen wir es, auch finanziell benachteiligte Minderheiten in den digitalen Raum einzubinden?

An der IT-Beschaffungskonferenz im August hat mich ein Vortrag eines Start-ups besonders inspiriert: «Wir lernen weiter». Diese Startup sammelt alte Laptops von Organisationen oder Privatpersonen und installiert darauf ein eigensentwickeltes Office-365-Ersatz-System. Danach verteilt es die Laptops an jene, die sich eine solche  Ausrüstung nicht leisten können.

Nachdenklich gestimmt hat mich, dass dies in der reichen Schweiz nötig ist. Aber selbst mir war das Ausmass der Problematik nicht bewusst, obwohl ich täglich mit der Digitalisierung zu tun habe.

Glücklicherweise gibt es Initiativen, die dieses Problem international adressieren, indem etwa Laptops in diese Länder verschickt werden. Meiner Meinung nach gilt es nun, dieser Thematik auch in der Schweiz besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Und dabei ist es schön zu sehen, dass sich Organisationen wie «Wir lernen weiter» dies zur Mission gemacht haben.

Inklusion körperlich eingeschränkter Menschen

Was ist mit jenen, die sich die digitalen Tools zwar leisten können, aber nicht richtig nutzen können? Es gibt eine grosse Bandbreite an verschiedenen Einschränkungen, mit denen Menschen konfrontiert sind. Diese können die verschiedenen Sinne, wie fühlen, sehen, hören oder sprechen beeinträchtigen und von unterschiedlichster Dauer sein:

Grafik mit verschiedenen Beeinträchtigungen, kategorisiert nach Sinnesorganen und zeitlichen Horizonten.
Quelle: Microsoft

Aus der IT-Sicht gibt es hier mittlerweile klare Guidelines, wie man barrierefreie Software entwickelt. Dabei gilt: “Weniger ist mehr”.

  • Reduktion auf die wichtigsten Infos auf einer App oder Webseite
  • Weniger Buttons
  • eniger Featureseniger kompliziertes, verschnörkeltes Design

Diese und weitere Designkriterien helfen bei der einfachen Handhabung eines Systems. Zudem sollte auf eine einfache und leicht verständliche Sprache geachtet werden.

Bei Zeilenwerk testen wir unsere Apps regelmässig mit betroffenen Personen. In einem meiner letzten Projekte haben wir beispielsweise mit Menschen mit Sehbeeinträchtigung zusammengearbeitet. So stellen wir sicher, dass unsere User Experience den Anforderungen an eine barrierefreie Applikation entspricht. Unsere UX-Spezialistin Andrea Möhl setzt dabei klare Meilensteine:

Unser Ziel ist es, dass alle unsere digitalen Produkte in den Web Content Accessibility Guidelines Level AA Konformität erreichen. Je nach Projekt arbeiten wir mit UX-Writing-Spezialist:innen zusammen, die die Texte des User Interfaces in leichter Sprache verfassen.

Was können wir tun, um alle Menschen besser im digitalen Raum einzubinden?

In einem ersten Schritt geht es erst einmal darum, dass bei den Unternehmen und Softwareentwicklungshäusern ein inklusive Mindset vorherrscht. Ohne das Bewusstsein, dass hier ein echtes Problem vorliegt, ändert sich erfahrungsgemäss nichts.

Insbesondere bei Digitalisierungsvorhaben der öffentlichen Hand müssen Menschen aller Bevölkerungsschichten die Möglichkeit haben zu partizipieren. Ansonsten muss es vorerst mindestens noch eine analoge Möglichkeit geben.

Leider scheitern tolle Ideen oft an fehlendem Budget. Hier gilt es, bereits bei der Konzeption ein Budget für die inklusive Ausgestaltung einer Applikation einzuberechnen.

Mein Fazit

Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Einerseits bereits schon nur bis das Thema Digitalisierung bei Organisationen und Verwaltungen ankommt. Andererseits bis das Thema Inklusion dabei  stets berücksichtigt wird.

Persönlich möchte ich das Thema Inklusion stärker einbinden in unserem digitalen Mindset und unsere Kunden bereits in den Offerten auf die verschiedenen Möglichkeiten aufmerksam machen, wie Applikationen inklusiver gestaltet werden können.

Es ist mir bewusst: Alleine können wir die IT-Landschaft nicht komplett revolutionieren. Aber wenn viele einzelne mithelfen, schaffen wir hoffentlich irgendwann einen digitalen Raum, der niemanden ausgrenzt.